Die Entwicklung des Hamburger Hafens bietet im Hinblick auf Stadtentwicklungsziele große Potentiale, die die Stadt dringend zur Weiterentwicklung von Kernzielen wie Forschung, Energieautarkität, Nahrungsmittelproduktion und das Schaffen von Logistik für die Wiederverwendung und Herstellung ökologischer Baustoffe braucht. Keine andere Fläche in unserer Stadt und der Metropolregion bietet den Platz und auch die Anbindung für den Handelsweg von Rohstoffen und Produziertem klimaneutral auf dem Wasser- und Schienenweg.
Die Ansiedlung von Forschung und innovativen Unternehmen neben der Ökologisierung von Brachflächen, dem Rückbau von Tankanlagen, der Erhaltung des Dorfes Moorburg mit neuen Wohn- und Geschäftsquartieren und Flächen für kleingenossenschaftliche Baugemeinschaften sind für die ganze Stadt nötig um zukunftsfähig zu bleiben. Der bestehende Bedarf an Wohnraum, Flächen für Forschung, der Produktion von erneuerbaren Energieträgern und Einnahmequellen bei sinkenden Umsätzen im klassischen Geschäft des Containerhafens erfordert eine Neuausrichtung des Hafens und den Erhalt der klimaneutralen Verkehrsträger, insbesondere der Metrans.
Die Mediterranian Shipping Company (MSC) als größte Reederei der Welt steht potentiell als beteiligtes Unternehmen an einer Port of Hamburg SE (POH) zusammen mit der städtischen HHLA (im Verhältnis 49,9% zu 50,1%) den Zielen der Stadtentwicklung im Hafen und dem klimaneutralem Transport von Waren entgegen. Das Interesse einer Stadt wie Hamburg ist zwangsläufig ein anderes als einer global agierenden Reederei, die sich Handelsrouten in Nordeuropa sichern möchte und in Konkurrenz mit der Dänischen Maersk und chinesischen Staatsreedereien sieht. Es verschafft sich Vorteile durch seine intransparente Struktur als schweizerisches Familienunternehmen mit Wurzeln in Neapel und durch die Beteiligung am Kopf der Hamburger Hafenlogistik. Die Konkurrenz sieht das als Benachteiligung an und fragt sich, warum eine Beteiligung an einem weiteren Terminal nicht gericht hätte. Die Argumentation der Senatorin, durch die Beteiligung an der Logistik Holding POH würden mehr Terminals frei bleiben für weitere Beteiligungen klärt die Besserstellung eines Wettbewerbers nicht.
Zudem ist MSC ist die einzige Reederei, die mit einer 700 Mio. USD Strafe wegen Drogenfund in den USA belegt wurde. Die Fragestellung, wie die Drogenroute über Hamburg eingedämmt werden kann, klärt sich nicht direkt mit einem Einstieg von MSC im Hamburger Hafen.
Die Kontrolle der Hafenlogistik und der Potentialflächen obliegt den Unternehmen im Hafen, den städtischen Unternehmen und der Hamburg Port Authority. Durch den Verkauf einiger Anteile der HHLA an die Börse wurde die Kontrolle der Muttergesellschaft für die Hafenlogistik und zugehörige Unternhemen, wie auch die Schienenanbindung über die Metrans geteilt. Der weitere Verkauf von Anteilen an die MSC hat zum Ziel, den Streubesitz in die Kontrolle der MSC zu bringen, und weitere Anteile der Stadt an die MSC abzugeben. Auch wenn die Stadt weiterhin die Stimmenmehrheit hat, wird ein zukünftiger Vorstand der geplanten Beteiligungsgesellschaft immer versuchen, Entscheidungen im Konsens mit beiden Gesellschafterinnen zu moderieren.
Dies widerspricht der erst kürzlich in der Hamburgischen Verfassung verankerten Zielsetzung städtische Grundstücke nicht mehr veräußern zu wollen, sondern höchstens in Erbpacht zu vergeben oder selbst zu entwickeln. Selbst wenn die sog. S-Aktien von der städtischen Gesellschaft HGV gehalten würden, wäre damit keine alleinige Kontrolle über die Hafenentwicklung erlangt. Lange nicht alle Flächen und Immobilien wären damit vor dem Zugriff der Familie Aponte gesichert. Alle Immobilien müssten auch vor dem Hintergrund des Streubesitzes an der HHLA in eine städtische Gesellschaft, bspw. einer „Hamburg Hafen Immobilien GmbH“ als 100%ige Tochter der Hamburg Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (HGV) überführt werden. Diese kann zudem auch zur Finanzierung von Entwicklungsmaßnahmen genutzt werden.
Ebenso soll der neue Hauptsitz der MSC auf einem Grundstück entwickelt werden, das an die MSC entgegen dieser verfassungsmäßig festgeschriebenen Ziele veräußert werden soll.
Selbst vor dem Hintergrund einer möglichen Absicherung von Umsätzen und anderen Zielen, basieren diese auf einer jetzt getroffenen Vereinbarung. Eine zukünftige Anpassung dieser Ziele kann nicht alleinig von der Stadt getroffen werden. Sollten dringend Flächen und Logistik für den Energiebedarf oder andere kritische Versorgungen nötig werden, muss sich immer mit MSC geeinigt werden. Sollte die Stadt sich zur Versorgung der Bevölkerung vertragswidrig verhalten, aus Unachtamkeit oder einfach aus einem dringenden Bedarf heraus, bedeutet dies ein Risiko aus der Beteiligung herausgedrückt zu werden, und wichtige Potentiale im Hafen und den internationalen Beteiligungen zu verlieren.
Das östliche Hafengebiet birgt mit seinen unter- und ungenutzten Flächenreserven ein riesiges Potenzial. Keine andere Großstadt in Europa hat so große Reserven mitten in der Stadt. Und diese Flächen gehören der öffentlichen Hand. Aber ihre Nutzung für eine Innovationsoffensive ist durch das Hafenentwicklungsgesetz blockiert. All das, was man bräuchte – Flächen und Räume für Forschungs- und Entwicklungslabore, Start-ups, Experimentierbauten, vielfältige Nutzungsmischung – verbietet dieses Gesetz. Es verbannt alle nicht-hafenbezogene Funktionen. Da dieser Teil des Hafens wegen des zu geringen Tiefgangs nicht mehr für den Containerumschlag geeignet ist, ist es überfällig, ihn aus dem Hafenentwicklungsgesetz zu entlassen. Ob Senat und Bürgerschaft nach dem MSC-Deal den nötigen Mut dazu haben, kann ich nicht beurteilen. Man kann nur hoffen, dass die Stadt endlich den Mut findet, Abschied zu nehmen vom Primat des Hafens!
Stadtforscher Prof. Läpple zur Hafenentwicklung im Abendblatt Ende 2023
Die Anteilsabgabe an die MSC und der Verzicht, den Streubesitz zurück in die städtische Kontrolle zu bekommen, birgt erhebliche Risiken, die die Erlöse aus der Beteiligung aus Stadtentwicklungsbelangen und zur Versorgungssicherheit der Bevölkerung nicht nur in Hamburg nicht rechtfertigen. Daher ist dem MSC Deal in dieser Form abzulehnen. Dem muss nicht widersprechen, eine weitere Terminalbeteiligung mit automatischen Kündigungsoptionen bei Nichterreichung von Umsätzen in Prüfzyklen von jeweils 5 Jahren anzubieten.
Die Metrans ist zudem ein Unternehmen, dass den Transport der Container und Güter klimaneutral in Europa leistet und das ausgebaut werden sollte. Daher sollte ein gesondertes Rückkaufsrecht an der Metrans verhandelt sein, um auch im Gütertransport eine Weiterentwicklung vorantreiben zu können, ohne ggf. durch gegenläufige Interessen der MSC ausgebremst zu werden.