Natürlich standen die Politik in Bund und Ländern, sowie die Regierungen zu Beginn 2020 vor einer gewaltigen Herausforderung, die Menschen in unserem Land vor der Corona Panemie bestmöglich zu schützen und das Gesundheitswesen hatte die Mammutaufgabe Infizierte zu versorgen. Es gab Ausgangsbeschränkungen, Schließungen von Einzelhandel, Restaurants, Spielplätzen, Geisterspiele in der Bundesliga und die Aufhebung der Präsenzpflicht in den Schulen. Dazu wurden Milliardenhilfen von Bund und Ländern organisiert. Das gilt es anzuerkennen. Viele unnötige Geschichten um Maskendeals und Impfstoffbestellungen, schlechte Kommunikation zur Wirkungsweise und Empfehlung von Impfstoffen gab es leider auch.

Heute stehen wir deutlich besser da: Wir haben Impfstoffe die wirken, wir gehen aus, die Kinder gehen zur Schule und niemand würde mehr einen Spielplatz absperren. Es gibt endlich 3G am Arbeitsplatz und ein umfängliches Infektionsschutzgesetz, dass den Ländern weitreichende Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie an die Hand gibt. Das war möglich dank einer neuen Parlamentsmehrheit, die wir alle in den Bundestag gewählt haben.
Durch die Delta-Variante und den Beginn des Übergreiferns der Omikron Variante des Corona Virus im Zusammenhang mit der zu niedrigen Impfquote für diese Varianten, steigen jedoch die Inzidenzen deutlicher als viele sich das selbst mit 75% Impfquote vorgestellt haben. Wo treten denn diese Fallzahlen gehäuft auf? Und damit verbunden stellt sich die Frage, ob die Impfstrategie der Länder und Kommunen richtig funktioniert.

Das ist das Gute an unserem Förderalismus: Wir sehen unterschiedliche Verläufe der Fallzahlen in unterschiedlichen Bundesländern. Daraus läßt sich lernen und das ist gut so. Der Lösungsansatz die Impfung zu den Menschen zu bringen und nicht die Menschen zu den Impfstellen zu holen sagt viel über die Haltung und die Art und Weise der Kommunikation der Behörden und Ämter. Bremen hat es vorgemacht. Sie sind auf die Menschen zugegangen und es funktioniert bis heute. Einige Entscheider*innen in Bund und Ländern sehen die Impfung offensichtlich immer noch als Holschuld, ich sehe sie als Bringeschuld des Staates, der Behörden und Ämter. Der Staat hat die Aufgabe seine Bevölkerung vor Katastrophen bestmöglich zu schützen. Bei der Planung und Ausführung der Impfstrategie ist die Kommunikation zwischen Ländern und Kommunen, zwischen Bund und Ländern und die Lernwilligkeit der Akteure in den verschiedenen Ebenen der Schlüssel zum Erfolg. Die Kommunen und Bezirkle, die Beiräte in den Stadtteilen müssen in die Planung einbezogen werden.
In Hamburg wurde sehr stark und lange auf eine zentrale Impfstelle gesetzt. Diese wurde geschlossen, als kaum noch Personen zum Impfen kamen. Die weiteren Impfungen sollten die Praxen anbieten. Also gab es keine Infrastruktur für die Boosterimpfungen, die offensichtlich eine ähnliche Impfwelle wie die Erstimpfungen nach sich ziehen würde. Erst kürzlich wurden Impfzentren dezentral in den Bezirken eingerichtet und in Betrieb genommen. Das ist ein Fortschritt, auch wenn diese bezirklichen Impfstellen insgesamt eine geringere Tageskapazität als das Impfzentrum in den Messehallen haben. Das kann dennoch passen, wenn weitere Angebote in den Bezirken hinzukommen.
Die Wissenschaft hat vor der 4. Welle gewarnt: https://www.berliner-zeitung.de/news/drosten-weist-auf-fruehe-warnung-vor-vierter-corona-welle-hin-li.198247

Wenn wir vergleichen, wo diese Impfzentren in den Bezirken eingerichtet sind und wie die Fallzahlen in den Stadtteilen sich darstellen, fällt auf, dass die Fallzahlen kein Kriterium für die Auswahl eines Standortes für ein Impfzentrum im Bezirk war. Da wir nur über endliche Ressourcen verfügen, aber hier einen schnellen Erfolg anstreben, sollten die Standorte für die Impfstellen, die aufgebaut werden und dann regelmäßig besetzt sein müssen, sehr sorgfältig ausgesucht werden. Das Phänomen haben wir alle schon bei den Standorten der Teststationen erkennen können: Es gab ein Duzend explizite Teststationen in Ottensen und eine Apotheke bot in Lurup Testungen an. Die Anzahl der Einwohner*innen ist in beiden Stadtteilen gleich. Unsere Behörden und Ämter müssen sich noch mehr anstregen auf die Menschen mit einem Test- und Impfangebot zuzugehen, wo es noch dünn ist, aber viele Menschen leben.
Da die Impfangebote aktuell noch nicht ausreichend sind, engagieren sich Apotheken und niedergelassene Ärt*innen, private Hilfsorganisationen wie das Ärztemobil und das Team von CaFée mit Herz. Einfach ist das nicht, denn es gibt immer wieder Hürden: Dokumentations- und Abrechnungsvorschriften, Impfstoffbeschaffung, Flächensuche und vieles mehr. Die Zivilgesellschaft wird zunehmend müde Impftage zu organisieren, da es kaum noch Termine der mobilen Impfteams gibt.
Seit September versuche ich Akteure in Osdorf und Lurup zu vernetzen, um ein eigenes Impfangebot auf die Beine zu stellen. Dass das mühsam eingerichtete Testangebot in Lurup an den Elbgau Passagen wieder abgebaut werden musste, da die Tests nach der Bundestagswahl nicht mehr kostenlos sein sollten, war ein herber Rückschlag in der Motivation. Absehbar war da schon, dass mehr und mehr Geimpfte sich auch testen lassen werden. Die Anstrengungen werden unter anderem von Leuten und Einrichtungen unternommen, die durch die Corona Pandemie auch schon selbst Rückschläge einzustekcen hatten. Sicher, einige profitieren auch sehr von der Krise, hier geht dioe Schere weiter auseinander, und gerade deshalb müssen Behörden und Ämter als Hauptamtliche dagegen an arbeiten und die Test- und Impfangebote dauerhaft in die äußeren Stadtteile bringen.
Tageweise über das DRK wird ein Impfangebot in Osdorf, Lurup und vielen anderen Stadtteilen gemacht, jedoch eben nur tageweise an verschiedenen Stellen unregelmäßig in den Stadtteilen. Darauf können sich die Leute nicht so einfach einstellen. Erreichbarkeit, die Bewerbung der Beratungs-, Test und Impfangebote über die Wohnungsgesellschaften per Aushang in den Eingängen und Kontinuität ist gerade in den Stadtteilen, in denen Menschen mit eingeschränkter Mobilität, in prekären Verhältnissen mit zu engem Wohnraum leben müssen, eine grundlegende Bedingung zum Erfolg einer Impfkampagne.
Aktuelle Termine zu Impfangeboten in Hamburg: https://www.hamburg.de/corona-impfstationen/
Vielleicht wurde das nun auch auf Bundesebene erkannt und desshalb nach dem die Praxen weiter überlastet sind, zumal es davon gerade in diesen HotSpots nur wenige gibt, die Apotheken als Verstärkung auserkoren. Die Herausforderungen für Apotheken sind aktuell: Fehlende Impfzulassung, häufig fehlende Räumlichkeiten für die Ruhe nach der Impfung und ein Raum zur Notfallbehandlung bis ein Rettungswagen eingetroffen ist. Ich habe mit einigen gesprochen, sie sehen nicht, dass im täglichen Apothekenbetrieb ausreichend schnell geimpft werden kann. Besser wären separate Räumlichkeiten, wie es die Adler Apotheke in Wandsbek mit zwei Hausärzten organisiert hat. Die Apotheke hat die Flächen angemietet, die Möbel und Wände, sowie das Personal bereitgestellt. Die Ärzte kommen mit deren Lesegerät und impfen die Menschen, die sich dort angemeldet haben. So geht es in Einkaufszentren, wo keine langen Warteschlangen entstehen sollen. Neben Einkaufszentren sind Angebote in Einrichtungen und ungenutzten Flächen wichtig. Dort müssen Impfungen ohne Termin niedrigschwellig angeboten werden.

Derzeit hängt es noch daran zivilgesellschaftliche Angebote einzurichten, dass die Abrechnungen der Impfungen und deren Dokumentation an das RKI nur über die niedergelassenen Ärzt*innen erfolgen kann. Diese sind alle derzeit komplett überlastet. Wenn daher die Apotheken ins Spiel kommen, sollten sie unbedingt selbst abrechnen und dokumentieren können, damit sie Ärzt*innen ohne Praxis und damit ohne Abrechnungsmöglichkeit einbinden können. So soll es wohl auch im Januar gesetzlich geregelt werden. Dabei müssen auch Menschen ohne Krankenversicherung eine Impfung bekommen können. Also kann nicht jede Impfung abgerechnet werden und das muss Okay sein.
Ohne zivilgesellschaftliches Engagement und ohne Ehrenamtliche können in Hamburg bei weitem nicht alle Bevölkerungsgruppen mit einem Impfangebot erreicht werden. Wer die ganze Stadt im Blick haben will, darf hier gern noch mehr Unterstützungsarbeit leisten und die Kommunikation in alle Ebenen verbessern. Das wäre doch mal ein guter Vorsatz für das dritte Jahr in das wir mit dieser Pandemie gehen werden.
Titelbild: www.Impfstation-Wandsbek.de
Ich bin Ärztin im Kinder-und Gesundheitsdienst HH-Nord-Wir , 3 Ärzte mit Assistenz haben angeboten uns am Impfen zu beteiligen-wir haben ausreichende große Räumlichkeiten- einen Impfkühlschrank, etc. da wir täglich Kinder und Erwachsene impfen, viel Ältere haben uns angerufen und verstehen nicht warum sie nicht bei uns gegen Corona geimpft werden können, da wir Angestellte des öffentlichen Dienste sind , wären die Kosten deutlich weniger-
Ich habe keinerlei für mich verständliche Antwort bekommen, warum man uns nicht einbindet.
Ich finde es skandalös, das lieber Apotheker, Tierärzte Zahnärzte eingebunden werden, die sehr viel kosten werden und zusätzlich eine Fortbildung mach müssen, da sie über keinerlei Erfahrung verfügen…….
Liebe Astrid Schäfer,
die Kommunikation der Sozialbehörde ist auch aus meiner Erfahrung nicht sonderlich transparent. Sehr viele Anfragen die ich aus dem Bezirk gestellt habe wurden nicht oder sehr spät, teilweise auf Nachfassen unserer Bürgerschaftsabgeordneten beantwortet. Die Bezirke hatten und haben auch viele Informationen nicht, die wichtig wären. Das ist sehr Schade, denn viele wollten helfen, auch ohne die große Kasse zu machen. Das kann auch in der Gesellschaft Zusammenhalt erzeugen, wenn die pro-aktive Hilfe eingebunden worden wäre.
Die Behörde hat einen einzigen Dienstleister unter Vertrag genommen, das DRK. Dadurch macht sie die Stadt abhängig von Verfügbarkeit nicht nur des Impfstoffes, sondern auch noch der Impfteams. Ich habe mit dem Vorstand des ASB gesprochen, die auch angeboten haben als zusätzlicher Vertragspartner Impfleistungen anzubieten. Hier gab es auch nie eine erklärende Antwort der Behörde, warum das nicht in Betracht gezogen wurde. Es schien ein wenig zu kompliziert in der Abwicklung und man hatte dort auch schon Personalsorgen hieß es zwischen den Zeilen. Es gab einige die helfen wollten und alle mussten sich selbst organisieren ohne Unterstützung der Behörde.
Derzeit läuft die Ausschreibung für die neuen beiden zentralen Impfstationen, die Im Mai in den Betrieb gehen sollen. Es gibt leider keine stationären Impf- und Infozentren für Menschen in den äußeren Stadtteilen. Viele mit Migrationshintergrund sehen sich einer Sprach- und Mobilitätsbarriere gegenüber. Hier wären Angebote besonders wichtig.
Vor dem Hintergrund der Nachimpfung mit dem Angepassten Omikron Impfstoff voraussichtlich ab Mai sehe ich erneut eine Angebotsknappheit in der Stadt. Mindestens acht Wochen sollten in den Bevölkerungsreichen Stadtteilen Impf- und Infoangebote eingerichtet werden, damit wir im Herbst keine zu niedrige Impfquote feststellen müssen.
Bitte um Nachsicht für die verspätete Antwort.
Grüße, Lars Boettger.