Wir leiden bei der Quartiersentwicklung weiterhin unter der Dominanz der Zahlen. Einmal sind es die zu erreichenden Genehmigungen im Wohnungsbau und dann das Gewinnstreben von Investoren oder gar Spekulanten. Die Zahl der Genehmigungen soll bei 10.000 Wohnungen jährlich für Hamburg liegen. Im Bund hat Olaf Scholz seine Wahlkampf-Ansage mit 400.000 Wohnungen jährlich im Koalitionsvertrag der Ampel durchgesetzt. Die klimaschonende Möglichkeit der Transformation von Gebäuden wird so überhaupt nicht in den Fokus gerückt. Durch den Baudruck rücken windige Projektentwickler auf den Plan, die zu eng und nicht klimaschonend bauen und hart, eigensinnig verhandeln. Bei einigen weiß auch niemand, ob sie dann am Ende wirklich bauen werden. Hier ein beispielhafter Beitrag vom Deutschlandfunk über Christoph Gröner.
These: Viele neue Wohnungen und eine neue Bodenordnung zur Vergesellschaftlichung von Grund und Boden reichen nicht, um die Mieten runter zu bekommen und Wohlfühlquartiere zu bauen.
Durch die reine Anzahl der Wohnungen wird das Mietenproblem nicht gelöst. Mit wem und für wen wir bauen muss die zentrale Frage sein. Wir bekommen nicht die Quartiere, die soziale und ökologische Bedürfnisse bedienen können und die wir Grüne uns eigentlich vorstellen. Kein genossenschaftliches Bauen und keine Baugemeinschaften, die mit guten Ideen und Kreativität die Baubranche inspirieren können. Zielkonflikte werden nicht erkannt und aufgelöst. Eher werden Planungen realisiert, die Kompromisse mit Investoren sind, wie Innenhöfe die keine ausreichende Besonnung der Wohnungen zum Ergebnis haben, die auch zu viele Wohnungen bieten, die für viele Menschen unleistbar sind und die Mieten im Umfeld preislich mit nach oben ziehen.
Die Antwort auf die Frage nach leistbarem Wohnraum und Mieten die maximal 40% des Haushaltsbudgets ausmachen ist ein wenig komplex aber es gibt sie: Der Grund und Boden ist dabei die Grundlage. Eine Vergesellschaftlichung wird dennoch nur eine partielle Lösung im System sein. Ein wesentlich größerer Faktor sind Lagen die über Befreiungen oder neue Bebauungspläne, die zukünftig einmal mehr Wohngebiete ausweisen, entwickelt werden können. Das neue Baulandmobilisierungsgesetz mit seinen Anpassungen im Baugesetzbuch bietet einen kleinen Fächer von Möglichkeiten. Die Festsetzung von Sozialmieten kann hier genutzt werden, leider aber nur in reinen Wohngebieten. Besser wäre eine Möglichkeit Sozialmieten im regulären Bebauungsplan festsetzen zu können, in dem auch urbane Gebiete festgelegt werden können, die wir in der Innenentwicklung dringend benötigen. Selbst wenn darüber hinaus der Boden nur noch im Erbbaurecht vergeben würde, kann dieses auch zusammen mit einer bestätigten Bauvoranfrage, zu einer Spekulationskette führen.
Der Preis für den Boden ist in Wahrheit der Preis für die Art und die Änderung der Nutzungsausweisung im Bebauungsplan. Daher stürzen sich die Spekulanten auf die Grundstücke, auf denen noch kein Wohnungsbau zulässig ist, aber sich in Lagen befinden, die zum Wohnungsbau passen könnten. Also beispielsweise Lagen mit brach liegenden Grundstücken mit alten Sportanlagen, alten ungenutzten Industrieanlagen oder Gewerbe- oder Industriebetriebe die ohne Nachfolgeregelungen aufgeben und irgendwann zu Wohnflächenausweisungen werden sollen. Das ist die unerwünschte Spekulation, denn hier werden Baurechte mit Bauabsichten bei den Gemeinden, Bezirken und Kommunen eingeworben, die dann in gutem Glauben Bebauungspläne erstellen. Die erworbenen Rechte werden in einer oder mehreren Kapitalgesellschaften – mittlerweile vielerorts mit einem städtebaulichen Vertrag gemäß § 11 Baugesetzbuch – gehalten. Dieser städtebauliche Vertrag macht eine Gesellschaft erst wertvoll, denn die Spekulation hat sich bestätigt und nun kann nun weiterbetrieben werden. Anteilseigner*innen solcher Unternehmen müssen häufig zwecks Finanzierung mit jedem Schritt zur Baureife, zur Baustelle und bei Fortschritten der Bauabschnitte neue Anteilseigner*innen einwerben.
Wie können Kommunen sich aus dem Klammergriff der Spekulanten befreien? Das Baulandmobilisierungsgesetz erleichtert die Umwandlung von Flächen zu Wohnungsbaupotentialen mit seinen Sektoralen Bebauungsplänen und weitreichenden Instrumenten, um auf mehr Flächen schneller Wohnungsbau zu realisieren. Das ist auch gut und Hamburg hat als Erstes Bundesland die Möglichkeiten der Baulandmobilisierung und Anpassungen im Baugesetzbuch im Rahmen von Verordnungen für die Stadt übernommen und damit den Bezirken die benötigten Werkzeuge in die Hand gegeben. Unbedingt müssen zur Vermeidung weiterer erhöhter Mieten aber gleichzeitig auch die Möglichkeiten der Festsetzung nach gemäß § 9 Abs. 2d BauGB zur Verpflichtung sozial geförderte Wohnungen zu bauen berücksichtigt werden, um das Szenario der Spekulation einzudämmen. Dies kann über §9 schon länger in Bebauungsplänen per Zeichnung festgelegt werden, nun auch per Textplanänderung in einem Sektoralen ergänzenden Bebauungsplan.
Nicht selten werden Verschleppungen auf Baustellungen als Druckmittel genutzt, um mehr Baumasse in weiteren Bauanträgen per Befreiung einzufordern und parallel weitere Geldgeber gesucht. Hier ist die stabile Haltung der Kommunen, Bezirke und Gemeinden gefragt.
Das Baulandmobilisierungspaket bietet die Möglichkeit der Nutzung des Vorkaufsrechtes. Dazu müssen Gebiete als Gebiete mit angespannter Wohnungsmarktlage ausgewiesen und das Vorkaufsrecht eingetragen werden. Dann kann die Kommune bei Grundstücken, die weiterverkauft werden dieses Vorkaufsrecht zum Verkehrswert ankaufen. Dieser ist nicht immer niedrig und kann für die Kommune schon eine Belastung darstellen und in der Folge auch die günstigen Mieten verhindern, wenn bspw. an eine Genossenschaft verkauft wird, ohne dass die Stadt auf einen Teil der Kaufsumme verzichtet oder das entsprechende Grundstück als Erbbaurecht anhand gibt. In Einzelfällen wird das möglich sein, aber ein ganzes Stadtgebiet ankaufen und in Erbpacht vergeben wird so nicht funktionieren. Zudem ist die Ausübung eines solchen Vorkaufsrechtes derzeit schwierig, da sie erst ausgeübt werden darf, wenn ein Grundstück nicht im Sinne der Ziele einer Sozialen Erhaltungsverordnung genutzt wird. Diese sind im wesentlichen, ein preisgünstiges Mietenniveau in einem Quartier zu erhalten. Wenn die Tatsachen geschaffen sind kommt das Vorkaufsrecht zu spät, daher muss die Möglichkeit gegeben sein, dieses vorsorglich auszuüben, wenn Grund zur Annahme besteht, dass Verkäufe das Ziel der Sozialen Erhaltungsverordnung konterkarieren. Hamburg, Berlin und München setzen sich im Rahmen einer Bundestagsinitiative für die Korrektur dieser Regulierung im Baugesetzbuch ein.
Gegen die härtesten Fälle von Spekulation durch bspw. Hedgefonds oder professionelle, bekannte Spekulanten bietet §165 des Baugesetzbuches Möglichkeit ein Städtebauliches Entwicklungsgebiet festzulegen, in dessen Rahmen eine Enteignung mit Entschädigungszahlung deutlich unter Verkehrswert durchgeführt werden kann. Was hier nachgebessert werden könnte: In dringenden Fällen wäre ein beschleunigtes Verfahren bei Voruntersuchungen zur Einrichtung von Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen hilfreich, um trotz Voruntersuchung und Planungsphase schnell in eine Bauphase zu kommen. Dazu könnte im Rahmen des Baulandmobilisierungspaketes ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt festgelegt sein, in dem dann ein im Baugesetzbuch textlich deutlich gemacht wird, dass die Voruntersuchung auch stark verkürzt erfolgen kann. Zudem müssen Kommunen und Bezirke personell agil aufgestellt sein unf Untersützung von der Landesebene erhalten, um diese Werkzeuge nutzen zu können. Das wäre wichtig um gegen Spekulanten bspw. bei drohender Vorweg-Genemigungsreife gemäß §33 Baugesetzbuch schneller eingreifen zu können. Die Erstellung eines langwierigen Voruntersuchungsberichtes ist häufig wegen der langwierigen Vorbereitungszeit der Hemmschuh bei dringend gewordenen Entwicklungsmaßnahmen.
Das Instrument der Städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen gemäß §136 Baugesetzbuch sind klassisch dort einzusetzen, wo Quartiere und Zentren nicht mehr funktionieren, der soziale Zusammenhalt nicht gegeben ist, Eigentümer*innen unsanierten Wohnraum vermieten, der öffentliche Raum unattraktiv geworden ist, also soziale wie ökologische Ziele im Konflikt zu anderen Interessen stehen und eine Sanierung nach Rücksprache mit den Eigentümer*innen in Eigenleistung nicht absehbar ist. In dem Falle müssten den Eigentümer*innen die gewünschten Entwicklungsziele und die Werkzeuge einer Sanierungsmaßnahme vorgestellt werden. Dabei wäre es wichtig in die Nähe einer gemeinsamen Zieldefinition zu kommen, damit die Maßnahme erfolgversprechend sein kann.
Sollte ein Bebauungsplan schon weit fortgeschritten sein und seine Feststellung sich nachteilig auf die umliegenden nachbarlichen Wohnlagen auswirken, so kann per §180 Sozialplan des Baugesetzbuches von der Gemeinde verlangt werden, dass die Planung oder die Maßnahme überdacht und angepasst wird.