An den Bundeskanzler

Die durch Teile der Bundesregierung geplanten Kürzungen im Integrations- und Sozialbereich und bei öffentlichen Investitionen, treffen insbesondere die Kommunen und große Teile unserer Mitmenschen in Quartieren mit niedrigerem sozialen Index und Quartieren mit so schon zu wenigen sozialen Angeboten hart. Der soziale Index eines Quartieres beschreibt wie gut die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen an den Schulen in dem jeweiligen Quartieren sind.

Unsere Gesellschaft und insbesondere die jungen Menschen stehen in den letzten Jahren immer mehr im Dauerkrisenmodus. In Zeiten von sozialer Härte durch die Energiekrise, verursacht durch den abscheulichen Angriffskrieg der russischen Regierung, durch die darauffolgende Inflation und kommend aus der Corona-Pandemie spricht der Finanzminister von einer Zeit der Wünsche, die nun vorbei sei. Schlimmer kann FDP-Klientelpolitik nicht kommuniziert werden.

Bei dieser Haushaltspolitik hätte ich mir mindestens ein Wort im Sinne der Richtlinienkompetenz des Kanzlers zur Integrationsförderung und Zuversicht für die Kommunen im selben Atemzug mit seiner Unterstützung für die Verschärfungen beim EU-Asylrecht gewünscht.

Mitten im Prozess der Transformation des Energiesektors und zwangsläufig aller energieintensiven Betriebe, egal ob Industrie oder kleiner Produktionsbetrieb die Mittel für öffentliche Investitionen zurückzuhalten und zu verweigern, dies als Rückkehr zur finanzpolitischen Normalität verkaufen zu wollen, ist an Kurzsichtigkeit für den Kurs unseres Landes kaum noch zu überbieten. In Zeiten der Energiewende und sozialen Härte, die Schuldenbremse über den Klimaschutz und das Auskommen der Haushalte und Familien zu stellen ist für uns Grüne nicht nachvollziehbar. Eine Wirtschaft auszubremsen, mit den Argumenten, mit Geld lasse sich kein Wachstum erzeugen ist schlichter Unsinn. Wer davon überzeugt ist, schaue einmal über den Teich nach Nordamerika. Der Inflation Reduction Act macht auch den europäischen Investitionen Beine.

In unserer Gesellschaft gibt es derzeit eine immer intensivere Debatte um die Zuwanderung nach Deutschland, die nicht immer fair und faktenbasiert geführt wird. Fakt ist, dass die Integration der Menschen ehrenamtliche Kraft aber auch öffentliche Investitionen benötigt, damit diese gelingen kann. Dazu ist es notwendig, das so vielen Menschen wie möglich, die jetzt hier sind und Asylanspruch haben, Schutz gewährt und rasch Arbeitsangebote aus dem privaten und dem öffentlichen Bereich gemacht werden müssen. Auch das ist ein wichtiges Element der Integration. 

Zudem müssen gerade jetzt dringend Wohnungen bereitgestellt werden. Das am besten durch kommunale Entwicklerinnen und Wohnungsbaugemeinschaften. Wir müssen den vielen Menschen, die schon lange auf für sie leistbaren Wohnraum auf Wartelisten eingetragen sind oder denjenigen, die jetzt zu uns kommen ein stabiles Zuhause und eben gleichzeitig einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt geben. 

Investoren mit Geld zuzuwerfen, damit sie wieder bauen ist explizit das falsche Mittel, auch wenn der Druck Wohnraum zu schaffen groß ist. Hier muss dringend eine pro-aktive Bodenpolitik angegangen werden, die die Möglichkeiten des Baugesetzbuches und anderer gesetzlichen Rahmenbedingungen ausnutzt, um Grundstücke zum ermässigten Preis anzukaufen und einer gemeinnützigen Bauwirtschaft per Erbpacht zur Verfügung zu stellen. Parallel müssen sehrwohl öffentliche Investitionen in Transformationsprojekte auch an private Unternehmen, sowohl bei der Infrastruktur als auch im Gebäudesektor helfen, um bspw. die Kapazitäten in der Bauindustrie und anderen Branchen zu halten. Allerdings ist der Fokus hier nicht auf den Neubau zu legen, sondern Sanierungen, Umnutzungen vor Neubau muss die Leitlinie bei Förderungen sein.

Die vielen und guten öffentlich geförderten sozialen und kulturellen Angebote sind ein weiterer wichtiger Baustein, um die Integration aller Menschen im Land und unserem Bezirk zu schaffen, die Interaktion in unserer Gesellschaft und damit einen sozialen Zusammenhalt zu erreichen. Statt dessen sollen drastische Kürzungen im Bundeshaushalt erfolgen. Die Förderung der Arbeitsmarktteilhabe 
nach §16e und §16i SGB II auf gut funktionierende integrative Projekte in Altona 
wird dadurch empfindlich reduziert. Zum Beispiel betrifft das die Sozialkaufhäser in Hamburg, der NDR berichtete.

Der Bundeskanzler ist daher aufzufordern, mit seiner Richtlinienkompetenz die Führung der Ampelregierung sozial konsequenter und zeitnaher zu gestalten, damit die Menschen eine Sozialpolitik der auf dem Papier potentiell guten Kombination aus Grünen und SPD erkennen und merken, dass sie bei sozialen Fragen und dem Kampf zur Verlangsamung des Klimawandels nicht allein gelassen werden.

Kaufkraft, sozialer Zusammenhalt und demokratische Teilhabe werden durch eine auskömmliche finanzielle Situation möglichst vieler Haushalte gestärkt.

Taktieren führt eher zu Verlust von Wähler*innen, die politikverdrossen werden, als dass es der SPD, FDP oder CDU Wähler*innenstimmen bringt. Die Geschichte der Weimarer Republik mit einer damals wie heute bundesweit ähnlich schwachen SPD hat das gezeigt. In Hamburg hatten wir eine Regierung, in der ein sog. ‚Richter Gnadenlos‘ saß. Das alles will die deutliche Mehrheit in der Gesellschaft immer noch nicht mehr, auch wenn die AfD gerade erstarkt.

Es ist weiterhin dringend erforderlich, dass neben ausreichend Mitteln für Investitionen und Sozialpolitik auch Gesetze zum Wohle der Schwächsten novelliert werden. Beispielsweise können wir Investoren nicht in den Griff bekommen, wenn wir im Planungsrecht keinen sozial geförderten Wohnraum ausweisen 
können oder die Mietenden die Grundsteuer für die Eigner zahlen müssen, so dass wir noch nicht einmal bodengebundenes Vermögen auf Landesebene abschöpfen können, ohne die Mieter*innen zu belasten. Dabei ist die Umlage der Bodensteuern in den Länderfinanzausgleich zu begrenzen. Die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieter*innen muss aus der Betriebskostenverordnung entfernt werden. Da wir auf das Finanzministerium nicht zählen können, fordere ich die nach seinen Worten „bestellte Führung“ vom Bundeskanzler in sozialen Fragen ein. „Wenn man bei mir Führung bestellt, bekommt man sie auch.“ Olaf Scholz im Tagesspiegel am 5. Februar 2011. Nur falls vergessen, hier sei nocheinmal daran erinnert, und auch an das Soziale in der SPD, lieber Bundeskanzler.

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