Strategie 22+ Unsere Zukunft beginnt jetzt – ökologisch, sozial, demokratisch

Wir Hamburger Grünen stehen an einem entscheidenden Punkt. Vor uns liegt nicht nur der nächste Wahlzyklus, sondern die Möglichkeit, den Kurs zu setzen, wie wir diese Stadt und ihre Metropolregion bis 2030 gestalten und darüber hinaus dauerhaft prägen wollen. Mein Ziel ist es, dass wir bei der nächsten Bürgerschaftswahl mindestens 22 Prozent der Stimmen erreichen – nicht als Selbstzweck, sondern als Schritt hin zu einem neuen politischen Gleichgewicht, in dem wir nicht mehr nur der kleinere Koalitionspartner sind, sondern gleichberechtigt Verantwortung tragen und Politik gestalten, die unsere grünen Grundüberzeugungen sichtbar und spürbar macht.

Die Bündnisfrage
Die Stärkung von Bündnissen liegt schon im Namen unserer ParteBÜNDNIS 90 / i

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN sind eine politische Bündnispartei

Schon heute wissen wir: Der Weg dorthin erfordert Klarheit, Konsequenz und strategische Ausrichtung – sowohl nach innen in die Partei als auch nach außen in die Stadtgesellschaft. Hamburg verändert sich, und wir müssen zeigen, dass wir bereit sind, diesen Wandel aktiv zu begleiten und zu gestalten. Wir brauchen eine Partei, die zuhört, vernetzt und mit Vision führt. Eine Partei, die nicht nur ihre Positionen kennt, sondern auch ihre Rolle – als Anwältin für Klimaschutz, Menschenwürde, soziale Gerechtigkeit, Partizipation und Vielfalt.

Dazu gehört, dass wir die demografische Entwicklung Hamburgs ernst nehmen und unsere politische Kommunikation wie auch unsere Schwerpunkte danach ausrichten. Besonders die 25- bis 44-Jährigen sind für uns ein zentrales Potenzial: sie sind urban, umweltbewusst, auf der Suche nach Stabilität, Wohnraum und Lebensqualität in einer Stadt, die ihnen Zukunft bietet. Auch die Jüngeren, die 16- bis 24-Jährigen, bleiben für uns eine wichtige strategische Gruppe – nicht nur als Erstwähler*innen, sondern als Multiplikator*innen in ihren Familien, Schulen und digitalen Netzwerken. Gleichzeitig dürfen wir die 45- bis und über 70-Jährigen nicht aus dem Blick verlieren. Gerade in einer Zeit der zum Teil auch suggerierten Unsicherheit ist es wichtig, mit glaubwürdigen Angeboten bei Pflege, Rente, öffentlicher Daseinsvorsorge und Sicherheit auch hier Vertrauen zu gewinnen und zu halten.

Erinnert ihr Euch noch an die bunten Neujahrsempfänge? Die wurden immer weniger bunt über die Jahre und das fehlt mir ein wenig. Sie waren Ausdruck von Vielfalt und Kreativität in unserer Partei. Da können wir wieder hinkommen, und das wünsche ich mir. Wir brauchen die Farben, die Kreativität und die Debatten, das Ringen um Positionen, um uns immer wieder neu zu erfinden und uns gegen den stärker werdenden Populismus zu behaupten. Es werden wichtige Debatten durch das Fluten mit „shit“, also unsinnigen, unrealistischen, menschenunwürdigen, populistischen und immer neuen rechten Statements erstickt (floof the zone with shit).

Entscheidend wird sein, dass wir unsere politische Erzählung erneuern. Wir brauchen eine Vision für Hamburg und die Metropolregion – nicht nur für ein Programm, sondern als langfristige Leitidee für unser Handeln. Wir sehen eine Stadt, die ökologisch resilient, sozial gerecht, wirtschaftlich zukunftsfähig und kulturell vielfältig ist. Eine Stadt, in der Beteiligung nicht verwaltet, sondern ermöglicht wird. Diese Vision wollen wir gemeinsam mit der Partei fortentwickeln – aber unser Handeln muss ihr schon heute folgen. Wir dürfen nicht bis zum nächsten Wahlkampf warten, um sichtbar zu machen, wohin wir wollen. Nur wenn wir unsere Inhalte jetzt konsequent, verbindlich und transparent vertreten, gewinnen wir das Vertrauen zurück, das wir bei einigen Themen verloren haben – sei es beim sozialen Mix im Wohnungsbau, zum Teil in der Migrationsdebatte und der Asylpolitik, bei Natur- und Klimaschutz oder in der Frage echter Beteiligung bspw. durch Bürger*innenräte und neue online Formate in der Stadtentwicklung.

Auch parteiintern können wir uns besser aufstellen. Die Polarisierung innerhalb unserer Strukturen hat zugenommen. Unterschiedliche Kreise arbeiten zunehmend gegeneinander, statt gemeinsam an der grünen Idee für die Partei und diese Stadt. Wenn wir das ändern wollen, müssen wir Räume schaffen, in denen Austausch möglich ist, Beteiligung gewollt und Führung verantwortungsvoll organisiert wird. Deshalb empfehle ich eine Diskussion, den Landesvorstand breiter aufzustellen – mit bspw. je zwei Vertreter*innen aus jedem Kreisverband, paritätisch besetzt und mit einer klaren Beauftragung zur aktiven politischen Kommunikation und Unterstützung der Stadtteilgruppen und Gremien, ggf. als Beirat. Der geschäftsführende Landesvorstand könnte aus allen 7 Mitgliedern des Landesvorstandes mit weiterhin zwei Landesvorsitzenden bestehen.

So wären wir gut aufgestellt, um eine breitere Verankerung in die Stadtgesellschaft mit unseren vielen neuen Mitgliedern zu erreichen, mehr Bündnisse zu schmieden und vorhandene zu erneuern und zu pflegen. Sowohl in den Kerngebieten, als auch in den Großsiedlungen und der äußeren Stadt. Mit unserer Präsenz vor Ort können wir Probleme besser erkennen und uns für Lösungen stark machen. Gleichzeitig können wir unsere Vision von einem grünen und bunten Hamburg, den Chancen für alle Menschen und den lebenswerten, bezahlbaren Quartieren besser verankern. 

Wir sollten dazu auch unsere LAGen und Stadtteilgruppen weiter fördern und stärken, ihnen mehr politische Wirkmächtigkeit in die Entscheidungen unserer Fraktionen und Senatores einräumen. Nur wenn wir die Expertise vor Ort ernst nehmen, können wir glaubwürdig Politik für die ganze Stadt machen. Diese Gruppen sollen die Orte sein, an denen konkrete Projekte entstehen – im Klima- und Naturschutz, in der Sozialpolitik, in der Kulturförderung. Sie sind das Rückgrat unserer Partei. Gleichzeitig können wir vor Ort Initiativen oder Hilfsangebote mit den Menschen vor Ort fördern oder gründen. Auch das trägt zur Stärkung Verankerung in unserer Gesellschaft als Grüne bei.

Unsere Erzählung zur Migrationsgesellschaft muss darüber hinaus geschärft werden. Die Trennung von Migration und Sicherheit im Koalitionsvertrag, wie auch in der gesellschaftlichen Debatte ist wichtig, denn Migration ist ein Teil unserer Stadtgeschichte, eine Bereicherung für unsere Kreativität und wirtschaftliche Entwicklung. Weiterhin müssen wir Migration und Flucht ebenso separat diskutieren und weiterhin zugewandt und problemorientiert befassen. Wir stellen uns entschieden gegen rechte Narrative und arbeiten aktiv daran, Sicherheit als soziale und präventive Aufgabe zu verstehen. Unsere Aufgabe ist es, eine gerechte Stadt für alle zu schaffen – unabhängig von Herkunft, Alter oder sozialem Status.

All das erfordert Führung mit Haltung – nicht Machtkonzentration, sondern sichtbare Verantwortung. Die Mitglieder erwarten Orientierung, und sie verdienen sie auch. Wir brauchen mehr Transparenz bei Entscheidungen, klare Kriterien für Ämter und eine Kultur, die Beteiligung nicht nur zulässt, sondern organisiert. Dazu gehört auch ein ehrlicher Blick auf unsere eigenen Schwächen. Wir haben bei zentralen Themen an Klarheit verloren – unsere Umweltkompetenz wird nicht mehr automatisch mitgedacht, unser queerpolitisches Profil ist verblasst, unsere Glaubwürdigkeit beim Thema Bürger*innenbeteiligung hat gelitten. Jetzt ist der Moment, uns das zurückzuholen.

Die Weichen für 2030 werden jetzt gestellt. Der neue Landesvorstand trägt dafür eine besondere Verantwortung. Ich empfehle dem kommenden Parteitag, die hier formulierten Handlungslinien zur Grundlage der kommenden Legislatur des Landesvorstands zu machen – als Strategie zur Stärkung unserer Partei, zur Erneuerung unserer politischen Substanz und zur Vorbereitung auf eine Zeit, in der wir wieder auf Augenhöhe mit der SPD die Richtung vorgeben.

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